Achtsamkeitsübung Nr. 4
Ok, real talk. Die meisten von uns sind momentan ganz schön eingespannt. Oder unausgelastet. Oder schlicht und einfach frustriert. Oder alles zusammen.
Viele der Dinge, die uns sonst helfen, sind gerade keine Option. Die wöchentliche Yogastunde, die du dir erkämpft hast. Der Abend mit lieben Menschen, der jedesmal Balsam für die Seele ist. Das Auspowern in Fitnessstudio, Boulderhalle, Schwimmbad, das deine Anspannung in Energie umwandelt. Geht alles nicht oder nur eingeschränkt.
Wenige fühlen sich gerade in Balance. Es gibt kaum Momente, in denen wir ganz bei uns sind. Vielmehr sind wir in Gedanken meist bei Problemen, die wir lösen wollen, bei Dingen, die noch gemacht werden müssen, die uns Angst machen, die uns nicht loslassen. Damit haben wir schon in „normalen“ Zeiten zu schaffen – dass so viele unserer üblichen Strategien jetzt nicht umzusetzen sind, bringt uns nochmal mehr aus dem Gleichgewicht.
So, und jetzt komme ich dir mit Haushalt. Hä? Warum? Das auch noch? Das muss ich doch sowieso schon irgendwie mit unter diesen viel zu kleinen Hut bekommen.
Ja, genau. Eben drum. Weil wir alle sowieso Wäsche waschen müssen, was zu Essen auf den Tisch stellen müssen und irgendwann die runtergefallenen Krümel wegsaugen müssen. Das Geschirr wäscht sich nicht von alleine und die saubere Wäsche findet ihren Weg leider auch nicht von selbst in den Schrank (wobei ein Wäschekorb wunderbar als Zweitschrank dienen kann).
Aufgaben im Haushalt sind oft Sachen, die wir ungerne tun. Die wir mal nebenbei machen. Während wir telefonieren, die Kinder bei den Hausaufgaben betreuen, die Mailbox abhören, uns mit dem Partner über den Haushalt streiten, einem Podcast lauschen, zur Lieblingsmusik tanzen. Die wir zwischen zwei E-Mails quetschen, in die 5 Minuten in denen die Kids abgelenkt sind, in die Werbepause des Tatorts.
Dabei geben sie uns wunderbare Gelegenheiten, uns ganz auf unser Tun zu fokussieren. Ganz und gar zu Handelnden, ja, eins mit der Handlung zu werden. Probier es mal aus:
Überlege dir eine Tätigkeit im Haushalt, der du dich für fünf Minuten widmen möchtest. Beispielsweise die Spülmaschine ausräumen, Kartoffeln schälen, Wäsche zusammenlegen, Spiegel putzen oder den Müll runterbringen.
Und nun widme deine komplette Aufmerksamkeit dieser Tätigkeit. Wenn du aufkommende Gedanken bemerkst, erinnere dich an deine Aufgabe und lenke deine Konzentration wieder darauf.
Wie fühlt sich dein Körper während der Handlung an? Welche Muskeln nutzt du? Atmest du entspannt dabei weiter?
Welche Aspekte der Aufgabe sind dir so noch nicht aufgefallen? Das Knistern des Abwaschschaums? Die unzähligen kleinen Regebogen im Seifenschaum?
Was hast du vielleicht bislang ausgeblendet? Das sonore Sauggeräusch des Staubsaugers? Den beißenden Geruch des Biomülls? Deine gebeugte Haltung beim Wäschezusammenlegen?
Beobachte alle diese Eindrücke, lass sie kommen und gehen. Versuche nicht zu bewerten, versuche vielmehr neugierig zu bleiben, welche Empfindung du als nächstes erleben wirst.
Achtsamkeit bedeutet, auch als unangenehm gelabelte Wahrnehmungen zu beobachten und anzunehmen. Sie als zum Leben dazugehörend zu betrachten und ihnen kurze Zeit gezielt Aufmerksamkeit zu schenken, ohne ihnen Grübelraum zu schenken.